INNEN THEATER AUSSEN

Im Haus der Berliner Festspiele ist es noch still. Noch 4 Tage bis zur Eröffnung. Kabel werden verlegt, da und dort gehämmert, der neue Bühnenboden geschrubbt. Erwartung! Aber wer wie ich heute in die Kassenhalle tritt, reibt sich die Augen. Der ganze Hallenboden ist mit Kies aufgeschüttet, Wege aus rohen Holzplanken führen über den Kiesbelag ins Untere Foyer (ich überlege, ob ich eine Warnung vor allzu hohen Stöckelschuhen ausgeben soll). Dort stehen grob gezimmerte Holzhütten, Unterkünfte, um Schutz zu suchen vor was? Der Kiesboden verweist auf die Waschbetonwände des Theaters, die Planken auf das viele Holz, das hier überall Verwendung fand.

Geruch von Harz liegt in der Luft. Die tt-Macher wollen offenbar die Natur ins Theater holen. In der großartigen Ausstellung „Innen Stadt Außen“ von Olafur Eliasson, die wir gerade im Martin-Gropius-Bau eröffnet haben, hat der dänische Künstlerstar die Stadt ins Museum geholt und zuvor mit vielen poetischen Irritationen im Stadtraum die Neugierde auf seine Ausstellung angestachelt. Wer hat hier wen beeinflusst? Oder liegt das Spiel, das Außen nach Innen zu tragen und umgekehrt, gerade in der Luft? Und ist dieses Spiel Sinnbild des Theaterspiels? Verfremdungs-Effekte! Doch wer sorgt für die Irritationen draußen? Der böse Wolf auf Liftfasssäulen und Wall-Schaukästen, fletschendes Gebiss in farblicher Verwackelung? Wer eine 3-D-Brille mit sich führt, kriegt das Aggressive noch besser mit.

In diesem verfremdeten Theater war es auch, wo ich die Blogger kennengelernt habe, die von heute an drei Wochen lang das Theatertreffen begleiten werden. Das sind keine routinierten, abgebrühten Theaterkritiker. Ich bin gespannt darauf, wie ihre vielleicht schnellere, direktere Bloggersicht von Außen den Blick – auch meinen – aufs Theater und zurück auf die Welt verändern wird.

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Joachim Sartorius

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