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Anna Deibele

Anna Deibele, 1982 im Nordkaukasus/ Russland geboren, mit neun Jahren nach Deutschland eingewandert, studierte Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, Philosophie und Kunstgeschichte in Berlin und Madrid. Seit 2007 arbeitet sie als freie Radio-Autorin aus dem In- und Ausland, unter anderem für die Deutsche Welle, Deutschlandradio Kultur, WDR Funkhaus Europa und mdr Figaro. Außerdem unterrichtet sie argentinischen Tango und Klavier. Sie lebt in Berlin.

Alle Artikel


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Diskussion

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  1. 1.

    Geht gar nicht. Unglaublich, dass der sich nicht schämt, so etwas im Jahr 2011 ernsthaft von sich zu geben. Und so jemand wird gefeiert. Bestätigt mal wieder die die Notwendigkeit der Debatte über Seximus im Theater / Gender und Theater. – Toll, dass Ihr die anstösst!

    von Julia Roth
    • Ich gebe dir vollkommen recht. So etwas ist einfach nur fehl am Platz. Schlimm nur, dass er mit seiner ach so „spielerischen“ Körperesoterik auf dem Harmlos-Ticket daherkommt und jetzt auch noch derart vom Feuilleton hofiert wird.

      von Leo Lippert
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  2. 2.

    Also ich find’s jetzt ’n bißchen albern, aber naja, sexistisch? Nee. Einzige verfängliche Aussage ist doch „Das ist mein Frauenbild“ – ich glaube aber, er meint einfach, das sind die Frauen, auf die er steht. Und nun ja – das darf er doch.

    Habe die Inszenierung allerdings nicht gesehen. Letztendlich ist ja die Inszenierung – und das darin „implizite“ Frauenbild (so denn so einfach zu erkennen) – viel interessanter als irgendeine nebenbei geäußerte, flapsige Bemerkung ins Tonbandgerät.

    von Thomas
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  3. 3.

    Was regt ihr euch denn so auf, wenn er solche Frauen „mag“, ist das doch seine Sache, genauso wie er dominante, despotische, dumme oder dynamische Frauen oder Männer mögen darf, oder? Und dass Fritsch hier „sein“ Bild der Frau im Allgemeinen darlegt ist ja wohl seeehr nah an der Tatsachenverwechslung…

    von Matthias
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  4. 4.

    Das meinte ich. Für die Männerfiguren, von denen er spricht, hat er ja noch viel weniger Positives übrig. Darauf zu schließen, daß er deshalb Männer im Allgemeinen für hirnlose Hornochsen hält, wäre wohl auch fragwürdig.

    Lieber mit Humor nehmen – so schlimm ist es nicht! Da gibt es viel schlimmere Formen des Sexismus im Theater.

    von Thomas
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  5. 5.

    Zur Aufklärung diverser Mutmaßungen, die Interviewfrage lautete: „Mutter Wolffen und Nora – zwei sehr unterschiedliche Charaktere, beschreiben Sie bitte ihr Frauenbild!“ Die Aussage wurde in einem Gespräch über die beiden Inszenierungen geäußert.

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  6. 6.

    Ich verstehe nicht mal die Frage. Kein Wunder dass da eine unglückliche Antwort herauskommt. Was haben denn die Charaktere der Dramen mit Fritschs Frauenbild zu tun?? (Sofern „Ihr Frauenbild“ gemeint war, also großgeschrieben)

    von Matthias
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  7. 7.

    Ach, so Frauen, die Biester sind und denen von Männern der Arsch versohlt wird – und wenn es auch nur ein Klaps ist – das gefällt Herrn Fritsch.

    Und an die Herren, die sich hier nach dem bewährten Motto äußern ‚ach, regt euch nicht so auf, dass ist doch ok, wenn es nun mal sein Frauenbild ist/nimmt es mit Humor‘: NEIN. Denn der Fritsch wird genau aus dem Grund hofiert: Weil er auf der Bühne ein Frauenbild demonstriert, das nach männlichem Wunschdenken tickt. Ein bisschen verdorben, ein bisschen zickig, aber bloß keine Unabhängigkeit und Autonomie vom patriarchalen Frauenbild wagen.

    Außerdem geht mir der süffisante Tonfall von Fritsch mal so richtig auf die Eierstöcke.

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  8. 8.

    Hier liegt einfach eine unklare Zuschreibung vor: Herbert Fritsch hat den Sexismus in Gerhart Hauptmanns Texten herausgearbeitet. Das habe ich gestern bewundernd bei der Nora-Inszenierung verfolgt. Aber dass er so lapidar aber sagt, solche Frauenbilder fände er gut, ist eine sexistische Aussage. Und die kann man kritisieren.

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  9. 9.

    Nee, Verena Reygers, nicht auf die Eierstöcke. Wenn schon, dann nur so: Das geht mir voll auf die Eier!

    von George
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  10. 10.

    Ich begreife auch weiterhin nicht, inwiefern eine persönliche Präferenz (so denn überhaupt eine solche eindeutig angesichts der Frage und der obigen Antwort festzumachen ist) eine sexistische Aussage sein kann. Selbst, wenn Fritsch auf dämliche und unterwürfige Frauen stehen würde, so würde das ja nichts daran ändern, daß es solche Frauen halt auch irgendwo auf der Welt gäbe: Da kann man halt sagen, der Herr Fritsch hat nen komischen/unsympathischen Frauengeschmack, na meinetwegen, aber eine Vorliebe an sich ist wohl kaum sexistisch, da – zumindest in der Art und Weise, wie sie hier geäußert wird – keinerlei im- oder explizite Aufforderung an die Frauen der Welt damit verbunden ist, dieser Vorliebe doch auch bitte zu entsprechen. (Gilt natürlich auch für eine Frau, die sagt, sie mag gern dämliche und unterwürfige Männer). Er sagt ja eben nicht: „Frauen, die keine Luder sind, sind uninteressant und bescheuert, alle Frauen sollten daher bitte zusehen, daß sie zu Ludern werden“, er sagt einfach nur, daß ihm das gefällt, zumal in einem eher flapsig-ironischen Ton, zumal – da bin ich mit Matthias einer Meinung – als Antwort auf eine Frage, die erstens uneindeutig gestellt ist und zweitens dann doch eher auf das Bild, das er von den konkreten Frauen in den konkreten Inszenierungen zeichnet, abzielt. Man kann sich seinen Skandal auch wirklich herbei empören.

    Abgesehen davon verstehe ich hier nicht den impliziten Appell von Verena Reygers an Regisseure/Regisseurinnen, Frauenfiguren nur noch auf eine bestimmte, gefälligst stets selbstbestimmte und ja nicht schwache Weise darzustellen. Das halte ich persönlich für Quatsch, ebenso wie den (bereits von Nikola Richter erwähnten) Irrtum, hier von der Zeichnung einer Figur in einer Inszenierung gleich auf das Menschenbild des Regisseurs zu schließen. Klingt für mich ein bißchen nach „Was nicht sein sollte, darf auch nicht gezeigt werden“ – da macht man’s sich aber zu einfach mit: Eine Theaterinszenierung ist schließlich kein politisches Programm. Abgesehen davon begreife ich auch nicht den sarkastischen Unterton bezüglich der „Klapse auf den Hintern“-Aussage von Herrn Fritsch, wo wirklich allzu deutlich wird, wie hoffnungslos unterlegen er seine Männer(witz)figuren den Frauenfiguren gegenüber sieht.

    Aber ich kann mich halt leider nur auf das stützen, was er da oben sagt (ist die obige Sounddatei eigentlich mittendrin gekürzt?), da ich seine tt-Inszenierungen nicht kenne – insofern kann ich mir leider kein eigenes Bild davon machen, wie das jetzt wirklich mit den „Hinternklapsern“ etc. da auf der Bühne aussieht.

    von Thomas
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  11. 11.

    @ Thomas: Wie kann denn ein realer Klaps auf den Hintern ironisch gemeint sein? Das würde mich wirklich sehr interessieren, ist die Ironie doch eine rhetorische Figur. Oder anders gefragt: Wenn ich Ihnen jetzt eine Ohrfeige geben würde, wäre ich dann entschuldigt, indem ich Ihnen entgegnete: Das war doch bloß ironisch gemeint? Oder hätten Sie das gern? Vielleicht stehn Sie ja auch drauf, dass Frauen/Dominas Sie schlagen?

    Zudem zielt der Text von Leopold Lippert – wie ich ihn verstanden habe – darauf ab, dass ein Regisseur/eine Regisseurin gerade dann unglaubwürdig wird, wenn er/sie zwischen dem Frauenbild in seinem/ihrem Leben und auf der Bühne trennt. Es geht darum mitzureflektieren, dass eine Schauspielerin auf der Bühne keine Pappfigur ist, deren Funktion darin besteht, sich quasi instrumentell schlagen zu lassen, um eine angebliche Kritik an der Erniedrigung von Frauen loszutreten. Das ist doch hirnverdrehter Quatsch!

    Es ist meines Erachtens auch tatsächlich deutlich zu erkennen, ob eine auf der Bühne dargestellte Frauenfigur im Sinne einer feministischen Haltung als Spielerin oder im Sinne einer untergründigen Lust an der weiblichen Erniedrigung „gefoult“ wird. Mir würde jetzt spontan die kürzlich gesehene Szene aus Jette Steckels „Kleinbürgern“ einfallen. Da entsteht zunächst mal ein rhetorisch-ironischer Kampf zwischen Polja (Olivia Gräser) und Nil (Felix Goeser), indem er sie herausfordert, ihn „Wichser!“ zu nennen, bevor sie ihn wie beim Pogo-Punk anspringt und er ihr einen liebevollen Klaps auf den Hintern gibt. Sowas kann auch anders aussehen. Und das ist dann auch nicht mehr lustig, sondern ein schaler Altherrenwitz. Es geht um subtile Details. Grobheiten kann jeder/jede.
    Schließlich, was verstehen Sie unter einem „unterwürfigen“ Mann? Also, ich würd mich freuen, wenn er mir auch mal das Frühstück ans Bett bringt. Ich würde dann was zum Mittag oder Abend machen. He he.

    von George
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  12. 12.

    Hallo George,

    auch im Theater ist natürlich der Klaps auf den Hintern ein realer, nur wird er hier eben zeitgleich zum Stilmittel, zum Bild, das auf etwas anderes hinweist, kann also sehr wohl ironisch sein. Die Forderung kann doch nun wirklich nicht sein, im Theater alles bleiben zu lassen, was „im echten Leben“ unangenehm ist. Wenn Sie mir einfach so eine Ohrfeige verpassen, dann ist das in der Tat nicht witzig. Wenn Sie es auf der Bühne tun, im Rahmen einer erprobten Inszenierung, vor dem Hintergrund eines vermutlich vom Regisseur kommunizierten und von Ihnen und mir wenigstens in Teilen mitdiskutierten und letztlich akzeptierten Konzepts, so tut die Ohrfeige – so nicht geschickt choreografiert – zwar immer noch weh, verliert aber selbstredend ihren Charakter der psychischen Gewalt, da mit ihr ja nicht mehr eine Geste der Schmähung oder Erniedrigung verbunden ist, sie ja lediglich noch eine Kunstgeste ist, die auf Abruf und aufs Stichwort genau – also mit meinem Wissen und Einverständnis – vollführt wird zum Zwecke der Darstellung von etwas anderem, das nicht zwingend konkret benannt werden muß oder kann.

    Ich stehe übrigens nicht darauf, wenn Frauen mich schlagen und bin generell kein Freund körperlicher oder psychischer Gewalt im zwischenmenschlichen Umgang, habe aber kein Problem damit, wenn erwachsene Menschen zum Zwecke gegenseitiger Lustbefriedigung und in gegenseitigem Einverständnis BDSM-Rollenspiele praktizieren.

    Eine Schauspielerin ist keine Pappfigur, ein Schauspieler ebensowenig. Aber sie ist halt eine Schauspielerin und nicht nur irgendein Mensch, der zufällig auf die Bühne geraten ist – und in dieser Rolle des Schau-Spielens tut sie eben nicht nur, aber auch Dinge, die für gewöhnlich unangenehm wären. Es ist auch nicht angenehm, laut zu schreien, es ist auch nicht angenehm, sich 4 Pfund Schminke ins Gesicht zu klatschen. Aber das gehört halt zum Job. Wer die Lavinia in „Titus Andronicus“ spielt, muß auch im Zweifelsfall aushalten, daß mit ihm „ruppig“ auf der Bühne umgegangen wird. In Einar Schleefs Salome-Inszenierung in Düsseldorf, daran kann ich mich noch erinnern, mußten sich auch heterosexuelle Schauspieler gegenseitig am Penis rumspielen, das hat denen vermutlich auch keinen Spaß in dem Sinne gemacht. Oder im Kino: Wochenlang in bisweilen kaltem Wasser zu drehen war sicher auch nicht direkt „angenehm“ für die Titanic-Schauspieler.

    Schauspieler müssen nicht jede regiekopfgeborene Idiotie mitmachen, aber sie brauchen auch nicht irgendeinen übermäßigen „Schutz“: Man sollte ihnen eingestehen, daß sie wissen, was sie tun und man kann auch von ihnen erwarten, daß sie über die Schmerz-, Ekel- und Hemmschwelle hinausgehen. Abgesehen davon halte ich es für völlig unangemessen, von „instrumentellem Schlagenlassen“ zu sprechen, wenn hier die Rede von Klapsen auf den Hintern ist. Abgesehen davon, daß ich – und ja, das mag kontrovers sein – selbst im Falle von Verletzungen auf der Bühne kein Problem damit hätte, wenn es freiwillig geschieht (Geldnot und Angst vor Jobverlust gelten natürlich nicht als freie Entscheidung): Ich habe auch schon Schauspieler gesehen, die einfach so auf der Bühne kerzengerade umfallen und auf den Boden knallen oder mit Anlauf gegen Wände springen. Die schienen darunter auch nicht zu leiden, trotz blauer Flecken. Und ja, ich habe auch persönlich mit denen gesprochen.

    Für mich klingt hier einfach eine gewisse falsche Einschätzung des Theaterbetriebs heraus, die davon ausgeht, daß es im Theater so abläuft, daß ein geistig amoklaufender Regisseur seine arme Schäfchen, die unmündigen Schauspieler mißbraucht. Dem sollte nicht nur nicht so sein, dem ist auch schlicht und ergreifend nicht so.

    Abgesehen davon begreife ich nicht, wieso man nicht persönlich auf andere Frauen stehen dürfen soll als die, die man auf der Bühne zeigt. Kommt zwar nicht so oft vor, aber gibt es natürlich. Zumal ich nochmal sagen muß, daß ich nicht wirklich sehe, daß Fritsch da abgesehen von einer etwas pubertär geäußerten Vorliebe irgendwo ein wirkliches „Frauenbild“ (also ein generelles, allgemeines Bild davon, wie Frauen sind oder zu sein haben) äußert. Soll er doch auf „Luder“ stehen. Die sind seiner Meinung nach ja immerhin sogar selbstbewußt und wissen, was sie wollen und wie sie es kriegen. Ist natürlich immer noch ’ne Männerphantasie (er hätte auch einfach „Femme Fatale“ sagen können), aber nicht gerade die übelste von allen möglichen.

    Was den vorletzten Absatz angeht, stimme ich zu, er sagt aber auch wieder was anderes als die beiden Absätze davor, in denen ja vermittelt wird, daß Sie generell der Meinung sind, daß ein Schlag auf den Hintern inakzeptabel sei, egal in welcher Form und in welchem Zusammenhang. Ich habe auch schon Inszenierungen gesehen, in denen mir die Schauspieler leid taten, weil sie dem völlig bekloppten und weltfremden Konzept eines sich selbstüberschätzenden Regisseurs folgen mußten und sich um Kopf und Kragen spielten. Sowas ist immer schlimm, egal ob dabei Sexismus, Rassismus oder sonst irgendwelche hirnverbrannten Ressentiments oder Ideen im Spiel sind. Leider kann ich dazu im konkreten Fall wie gesagt nichts sagen, da ich die Inszenierung nicht gesehen habe, der Masse der Kritiken zufolge scheint mir aber hier nicht der Fall vorzuliegen, daß es sich um eben so eine von Ihnen unterstellte „untergründige Lust an der weiblichen Erniedrigung“ handelt. Und selbst wenn: So finde ich persönlich auch das Abwegige, Abstoßende, Verkorkste im Theater und in der Kunst spannend, da darf man mir gern Unmoral vorwerfen, aber dann muß man auch Alfred Hitchcock als Scheißregisseur bezeichnen – dessen Filme oszillieren ja auch zwischen unterwürfiger Bewunderung und Auf-Sockel-Hebung bestimmter Frauenfiguren und der beinahe psychopathischen Lust an der Zerstörung selbiger; im Unterschied zu billigen Exploitation-Filmen der miesen Sorte, die nun wirklich einfach oft nur frauen- oder generell menschenfeindlicher Mist sind, sind sich z.B. die Hitchcock-Filme stets ihrer selbst bewußt: Da kommt die Reflexion gleich mit. Das übersehen manche gern: Daß mit dem Ausstellen der eigenen Abgründe nicht selten auch eine Reflexion selbiger einhergeht. Das finde ich oft sogar ehrlicher und spannender als eine moralapostelnde Besserwisser-Vision à la Hanekes „Funny Games“. Ich hab mir die Referenz zu Hitchcock mal jetzt hier erlaubt, weil ja offenbar auch Musik aus Hitchcock-Filmen in der Nora-Inszenierung verwendet wird.

    Zuguterletzt: Unter einem unterwürfigen Mann verstehe ich dasselbe wie unter einer unterwürfigen Frau: Einen Menschen, der sich bewußt (also nicht unter Androhung von Gewalt oder anderen Übeln) einem anderen Menschen unterwirft, sich in Abhängigkeit von diesem begibt und dessen Wünschen Folge leistet, ohne ein Entgegenkommen zu erwarten geschweigedenn zu verlangen.

    Was im übrigen auch völlig okay ist, wenn man damit glücklich ist, solange man nicht wie Eva Herman das eigene Verhalten zum Imperativ an die Gesamtheit einer bestimmten Personengruppe an sich erhebt (und solange man nicht andere Menschen in der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit beschränkt).

    Persönlich steh ich aber mehr so auf Augenhöhe.

    von Thomas
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  13. 13.

    Geht’s noch ein bisschen länger?

    Ich gebe Ihnen in dem Punkt Recht, dass die Kunstfreiheit höher steht als das Polizeirecht. Alles andere wäre obrigkeitsstaatliches Denken, welches ganz und gar nicht meiner Haltung entspricht. Wofür gibt es denn abgegrenzte Räume der Kunst, nicht wahr?! Da ist dann ja auch vertraglich garantiert, dass die Schauspieler nicht in ihren Grundrechten verletzt werden. Alles vorher abgeklärt. Wunderbar. Warum also noch weiter drüber diskutieren?

    Ganz so einfach erscheint es mir aber trotzdem nicht. Vielleicht müsste man auch eher mit den beteiligten Schauspielerinnen und nicht mit Fritsch selbst sprechen. Wie sie diese von ihnen dargestellten Frauenfiguren sehen und spielen. Und ob sie da Teile von sich selbst im aussertheatralen Leben wiederentdecken oder eben nicht. Und wie weit sie auf die Anforderungen männlicher Regisseure eingehen. Inwiefern sie auch mitsprechen und Kritik üben bzw. Widerspruch anmelden dürfen. Das ist vielleicht das eigentliche Problem. Das, worum es hier geht, nämlich um das Kollektive am Theater, welches – so scheint mir – heute kaum noch so praktiziert wird wie es praktiziert werden könnte bzw. in den späten 60ern/70ern üblich war. Das hat aber vielleicht auch etwas mit gesellschaftlicher Veränderung zu tun.

    Das mit dem sich „instrumentell schlagen lassen“ war vielleicht etwas übertrieben formuliert. Was ich damit meinte, ist diese Opfersehnsucht (möglicherweise auch des Regisseurs) gegenüber der angeblich ach so schwachen Frau. Wer ist hier denn jetzt der Mann? Ist das immer so klar? Nein, genau das sollte zur Diskussion stehen.

    Insofern würde ich mich auch hüten, vom „dem Theaterbetrieb“ zu sprechen, in welchen „gute Schauspielerinnen“ von „bösen Regisseuren“ gequält werden. Eine individuelle Differenzierung wäre angebrachter, denn dass es solche Regisseure gar nicht geben würde, das ist auch nur gelogen. Oftmals entlarven sie sich über Interviews in ihrer Haltung gegenüber Frauen sowieso selbst.

    Was die Darstellung von Abgründen auf der Bühne und im Kino angeht, stimme ich Ihnen zu. Es ist nicht sinnvoll, das alles nicht zu zeigen, denn genau und allererst darüber, über die Erkenntnis des Nicht-Menschen, könnte eine Reflexion darüber entstehen, was es heisst, Mensch zu sein. Ich zitiere hier immer wieder gern die Sätze von Nicolas Stemann in Bezug auf seine „Nathan der Weise“-Inszenierung:
    „W

    von George
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  14. 14.

    Huch, zu früh abgedrückt. Hier noch das Zitat:
    „Wie schaffen wir es denn, nicht zum Vergewaltiger, zum Hooligan, zum Selbstmordattentäter zu werden? Was ist der Preis davon? Vielleicht gelingt uns das ja nur, weil wir in der Kunst ein Ventil haben, das alles auszuleben? Lessing jedoch verstopft dieses Ventil! Natürlich ist sein Traum träumenswert – aber der Mensch scheint in ihm nicht vorgesehen.“

    von George
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