Performativität einer Institution

Am diesjährigen Theatertreffen nicht nur teilzunehmen, sondern auch teilzuhaben, es also in einem gewissen Sinne aktiv mit zu gestalten, lässt mich zwar vorfreudig diesen zwei warmen Maiwochen voller Diskurs, Spiel, Bewegung, Körper und Kritik entgegendenken – gleichzeitig widmen sich meine Gedanken unvermeidbar der kritischen Reflexion: Über die Möglichkeiten des Zugangs zum Festival als auch über die konzeptuelle Rahmung des Festivalprogramms nachzudenken, schließt Fragen der Performativität dieses sozialen Gefüges mit ein. Wer wird hier wie und von wem repräsentiert und wie kann sich in welcher Form darüber ausgetauscht werden, was gesehen, was besprochen wurde, ohne dabei vermeintliche Universalismen zu reproduzieren? Welche Körper haben Zugang zu kultureller Wissensproduktion, welche zu den Häusern, und warum bleiben dabei immer noch so viele unterrepräsentiert? Wie sieht institutioneller Ausschluss auf und hinter den Bühnen aus? Und vor allem: Wie wird versucht diesen anhand von Tokenisierung zu vertuschen? Mit Olena Apchel, Carolin Hochleichter und Joanna Nuckowska hat sich eine polyperspektivische und polyglotte weibliche Stimme als Leitungsinstanz etabliert, welche diesen Fragen aktiv entgegentreten möchte. So wirbt jedenfalls das Diskursprogramm des Festivals, in welchem sich ein solches politisches Bestreben der Sichtbarmachung marginalisierter Positionen deutlich niederschlägt. Auch das TT-Blog verstehe ich als einen solchen Ort der genuinen Kritik und freue mich darauf diesen mit den Eindrücken und im Austausch mit anderen zu bespielen. Denn was bedeutet es tatsächlich, Privilegien als Verlust aufzufassen?

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Aurelia Kraus

Aurelia Kraus,geboren 1992, teilt mit Brecht nicht nur die Heimatstadt, sondern auch die Freude daran diese verlassen zu haben - und wie unzählige andere die Begeisterung für Theater und Kritik, Kritik durch sowie am Theater. Sie studiert(e) Theaterwissenschaft, Philosophie, Literaturwissenschaft und Psychologie und arbeitet als studentische Hilfskraft als auch Tutorin am Theaterwissenschaftsinstitut der Freien Universität Berlin. Ihre Schwerpunkte liegen auf der intersektionalen, queerfeministischen Analyse von (un)sichtbaren Machtdynamiken inner- und außerhalb von Institutionen. Nebenbei schreibt sie und ist als Lesepatin tätig.
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Aurelia Kraus, born in 1992, shares not only her hometown with Brecht, but also the joy of having left it – and, like countless others, the enthusiasm for theatre and criticism, criticism of and by the theatre. She studies Theatre Studies, Philosophy, Literature and Psychology and works as a student assistant and tutor at the Theatre Studies Institute of the Free University of Berlin. Her focus is on intersectional, queer-feminist analysis of (in)visible power dynamics within and outside of institutions. She also writes and works as a reading mentor.

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