Ihr Tag mit dem TT (14)

Before Your Very Eyes“ feiert heute im Haus der Berliner Festspiele TT-Premiere. Das Performance-Kollektiv Gob Squad lässt sieben Kinder ihr Leben im Schnelldurchlauf durchspielen, angeleitet von einer Stimme: „That’s a good beginning: the sound of a small heart beating. You do know why you’re here, don’t you? You’re here to live and then die. I don’t think everyone’s got the time to sit and watch you for decades. So you better get on with it. Grow!
Das International Institute of Political Murder hingegen beschwört sehr reale Schrecken der jüngeren Geschichte, nämlich den Genozid an der Tutsi-Minderheit in Ruanda, im HAU 2 in der Reanactment-Inszenierung „Hate Radio“.
Don’t kill your Darlings!“ ist der heutige TT Künstler-Gipfel 2012 überschrieben, auf dem es von 14.30 Uhr bis 18.30 Uhr nach einem Impulsreferat von Signa Köstler (Teil des dänischen Performance-Kollektivs SIGNA) die Möglichkeit gibt, bei Tischgesprächen Fragen über Theater und die Welt zu diskutieren. In der zum TT eingeladenen René Pollesch-Inszenierung „Kill your Darlings!“ heißt es: „Die besten Szenen werden Sie nicht sehen, denn die würden wir alle nicht ertragen!“ Stellt sich die Frage: Wer sind sie, unsere „darlings“? Wollen wir sie wirklich töten? Töten sie sonst womöglich uns? Hierzu ein Zitat, nicht von Goethe oder Kelly, sondern Iggy Pop: „If I kick out my devils, my angels might leave!“
Dieses Motto gilt auch für die von heute 16 Uhr bis ca. 4 Uhr morgen früh dauernde Dauerexzessperformance „John Gabriel Borkman“ im Prater der Volksbühne von Vegard Vinge und Ida Müller, die offensichtlich kein Interesse haben, irgendwelche Teufel loszuwerden.
Etwas weniger Zeit oder Geduld nimmt „Die [s]panische Fliege“ von Herbert Fritschin Anspruch: Von 19.30 Uhr bis 21.30 Uhr wird in der Volksbühne die Frage aufgeworfen, wie viel Lachen wirklich gesund ist?
Das Prinzip Meese“ von Oliver Kluck beschäftigt sich ebenfalls mit der Jugend, allerdings der „fast dreißigjährigen Großstadtjugend“. Heute um 20.15 Uhr im Maxim Gorki Theater zu sehen.

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Adrian Anton, 1978 in Bad Hersfeld geboren, lebt und arbeitet in Hamburg als „freier" Kulturwissenschaftler. In der Praxis bedeutet das vor allem Individualisierung, Flexibilität und Mobilität im (Bildungs-)Prekariat als Ergebnis eines Studiums mit Magister-Abschluss in Volkskunde/Kulturanthropologie, Anglistik und Museumsmanagement. Seine Berufserfahrungen reichen von Bestattungen über PR und Tagungsorganisation bis zu Museumspädagogik. Derzeit forscht und schreibt er unter anderem zum „armen Tod". Bei all dem „work in transit" bilden Theaterbegeisterung und der Wille zu schreiben Konstanten, etwa das seit 2009 aktive Blog „FLÜSTERN + SCHREIE".

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