Zu Gast: Christoph Schlingensief

Dass beim Theatertreffen einmal ein Film über Christoph Schlingensief gezeigt werden würde, hätte man vor einem Jahrzehnt nicht unbedingt vermutet. Damals war der heute hoch geschätzte Regisseur noch das Enfant terrible der deutschen Theaterszene. Gestern aber feierte „Knistern der Zeit – Christoph Schlingensief und sein Operndorf in Burkina Faso“ im HAU seine Premiere – als Teil des offiziellen TT-Programms.
Regisseurin Sibylle Dahrendorf versucht in ihrem Film nicht das Phänomen Schlingensief zu ergründen, sondern beschränkt sich weitgehend auf die Geschichte des Operndorfs, ohne jedoch die genauen Ursprünge des Projekts zu benennen. Schade.

Zeichnung: Hamed Eshrat.


Schöne Landschaftsbilder, Schliengensiefs gewohnt unterhaltsame (und vermisste!) Reden, die Proben zu „Via Intolleranza“, und die Geschichten der rund um das Dorf ansässigen Familien machen diese 100 Minuten trotz einiger Längen zu einem interessanten und berührenden aber nie rührseligen Film.
Großer Applaus vom Publikum, unter ihnen Schlingensiefs ehemaliger Dramaturg Carl Hegemann, dessen Tochter und Autorin Helene Hegemann, und Aino Laberenz, die Witwe des großen Künstlers. Von der Stimmung her mehr Familientreffen als Theatertreffen. Schön – und stimmig.

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Magdalena Hiller

www.eshrat.tumblr.com

Magdalena Hiller, geboren 1989 in Wien, studiert Wirtschaftsrecht – hat aber privat eher wenig mit der Juristerei zu tun. Vielmehr ist ihre Hauptbeschäftigung der exzessive Besuch von Theater- und Opernvorführungen aller Art. Nach Hospitanzen und Assistenzen am Schauspielhaus Wien und Büroarbeit der interessanteren Sorte bei den Salzburger Festspielen, gründete sie 2011 ihren Kulturblog „Vierte Wand", der die Wiener Theaterszene ergründet.

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Hamed Eshrat, geboren 1979 in Tehran, studierte Visuelle Kommunikation an der Kunsthochschule Berlin Weißensee und an der Massey Universität in Wellington Neuseeland. Er arbeitet als Designer, freischaffender Künstler und Autor in Berlin. In seinem ersten Buch „Tipping Point – Téhéran 1979" befasste er sich in Form einer grafischen Novelle mit dem politischen Umbruch im Iran der 1970er Jahre aus der Sicht seiner eigenen Familie. Bei seinen Arbeiten gibt es immer wieder Berührungspunkte zum Theater und deren Schaffenden, woraus auch Kollaborationen entstanden sind, zuletzt am Maxim Gorki Theater Berlin.

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