The show where anything can happen

Blut, Schweiß, Tränen, Wasser – das Lebenselixier. Magensäure und kleine Fischchen und Meerjungfrauen im Wasser. Nixen und Sirenen. Sirenen, die durch ihren betörenden Gesang die vorbeifahrenden Schiffer anlocken, um sie zu töten. Du bist der Fisch, den du fängst. Die Wiedergeburt der protzigen Cis-Frauen, die mit ihren Körpern durchs Wasser gleiten. Wie in einem Zen Garten. Eleganz. Umgekehrter Striptease, bei dem es sich komisch anfühlt, die Frauen in Kleidung zu sehen oder gar selbst bekleidet zu sein. Nacktheit. Die nackte Wahrheit und das Glück des Beisammenseins – der Kollektivität. Beistand, Unterstützung und viel Glück.

Man kann nicht wegsehen, wie bei einem Unfall. Nur, dass es kein Unfall ist. Gewollt sein. Etwas, das ein tiefes Gefühl der Zugehörigkeit schafft. Es stellt eine Verbindung zu anderen her und gibt uns das Gefühl, einbezogen und akzeptiert zu werden und Teil eines größeren Ganzen zu sein. In positiver Energie baden und dann zusammen singen und schreien, als gäbe es kein Morgen. Schmerz und Wut. Sich dann im Spiegel betrachten und entscheiden, mit verwischter Mascara weiterzugehen. Gewollte Disharmonie, Unbequemheit, Salz in der Wunde. Gegen den Wind. Harmonie, Liebe, Heilung. Feminismus. „Ophelia’s Got Talent”.

Wenn der Maßstab für „bemerkenswertes” Theater die Produktionen sind, die beim Theatertreffen gezeigt werden, dann fällt „Ophelia’s Got Talent” definitiv im Vergleich mit den anderen gezeigten Stücken aus diesem Rahmen. Denn “bemerkenswert” ist in diesem Falle schlichtweg eine Untertreibung. Es ist ein Stück, das sich bei mir von vorne bis hinten fest in meiner Erinnerung verankert hat. Wie der Haken in der Wange einer der Performerinnen. Es war ergreifend, es war mitreißend, und es war ein Statement. Ein Statement – etwas, das den anderen Stücken der Auswahl auf jeden Fall fehlte. Es war im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend. Ein Liebes- und ein Hassbrief zugleich jedoch nicht zu dick aufgetragen, sondern genau richtig. 

Als ehemalige Teilnehmerin des Theatertreffens der Jugend und somit auch als ehemalige Spielerin stelle ich mir eigentlich immer die Frage, ob ich selbst in einem der Stücke mitspielen würde. Möchte ich mit meinem Gesicht und Körper auf der Bühne vor Menschenmassen dafür geradestehen, was gerade durch mich und um mich herum auf der Bühne passiert? Bin ich bereit, dafür Verantwortung zu tragen? Nach einem Blick hinter die Kulissen durch ein Gespräch mit der Performerin Saioa Alvarez Ruiz und eigentlich auch schon direkt nachdem ich nach Ophelia’s Got Talent aus der Volksbühne getreten bin, ist für mich die Antwort klar: Ja. 

Auf den großen, konservativen Bühnen Theatergeschichte zu überschreiben, muss einfach klasse sein. 


Konzept & Regie: Florentina Holzinger
Sounddesign: Stefan Schneider, Musik: Paige A. Flash, Urška Preis, Stefan Schneider, Bühne: Nikola Knežević, Lichtdesign: Anne Meeussen, Videodesign: Melody Alia, Jens Crull, Max Heesen, Live-Kamera: Melody Alia, Live-Schnitt: Max Heesen, Dramaturgie: Renée Copraij, Sara Ostertag, Fernando Belfiore, Michele Rizzo, Dramaturgie Volksbühne: Johanna Kobusch, Produktionsmanagement: Dana Tucker, Stephan Werner, Management & International Distribution Something Great: Katharina Wallisch
Mit: Melody Alia, Saioa Alvarez Ruiz, Inga Busch, Renée Copraij, Sophie Duncan, Fibi Eyewalker, Paige A. Flash, Florentina Holzinger, Annina Machaz, Xana Novais, Netti Nüganen, Urška Preis, Zora Schemm und Stella Adriana Bergmann, Greta Grip, Golda Kaden, Izzy Kleiner, Lea Schünemann, Nike Strunk, Laila Yoalli Waschke, Zoë Willens.
Premiere in der Volksbühne am 15. September 2022
Dauer: 2 Stunde 40 Minuten, keine Pause

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Anastasia M. E. Gornizki

Anastasia M. E. Gornizki ist 21 Jahre alt und wuchs als Kind russisch-ukrainisch-jüdischer Kontingentgeflüchteter in der Spreewaldmetropole Cottbus auf. Sie studiert Englische Philologie, sowie Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Freien Universität Berlin. Sie versucht so viel wie möglich von Projekten, vor allem kreativer Art, mitzunehmen, um ihren Horizont ständig zu erweitern. Sie schreibt gerne journalistische Texte oder Gedichte und bewegt sich vor allem in der Welt des Films und Theaters. Produktionen, die gesellschaftspolitische oder soziale Themen in unterschiedlichen künstlerischen Formen verhandeln, liegen ihr besonders am Herzen. Außerdem fotografiert sie gerne - egal ob mit dem Handy, der Digitalkamera oder analog.
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Anastasia M. E. Gornizki is 21 years old and grew up as a child of Russian-Ukrainian-Jewish refugees in the Spreewald metropolis of Cottbus. She is studying English Philology and Journalism and Communication Studies at the Free University of Berlin. She tries to take as much as possible from projects, especially of a creative nature, in order to constantly broaden her horizons. She enjoys writing journalistic texts or poetry and is particularly active in the world of film and theatre. She is especially interested in productions that deal with socio-political or social issues in various artistic forms. She also enjoys photography, whether with a mobile phone, digital camera or analogue.

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