Keine Theatertreffen-Eröffnung ohne programmatische Reden bei geschlossenem Vorhang. Wir hörten in diesem Jahr durchaus Bemerkenswertes.
„Ab heute verwechseln wir für 16 Tage das Theater mit der Welt“, haben wir vorhin getwittert und prompt ist es soweit. Es hat geläutet und wir finden uns auf den grüngelben Sitzen im Haus der Berliner Festspiele ein, fleißig Ausschau haltend nach Prominenz. Mit den Saaltüren schließen sich auch die unserer Welt nach außen, die Aufregung ist eingefangen und Thomas Oberender, Intendant der Berliner Festspiele, setzt zur Begrüßungsrede an. Ja, es ist eine eigene Welt in der Welt. Er spricht von Debatten, die im letzten Jahr durch die Theater fegten:
Neue Rechte
Intendant*innenwechsel bringen Veränderungen mit sich und allerlei Nervosität: neue ästhetische und thematische Setzungen, neue Schauspieler*innen, neue künstlerische Teams. Das ist nicht immer angenehm, insbesondere dann, wenn Menschen durch ihre Arbeit stark miteinander verwachsen sind – manchmal seit über 25 Jahren. In Berlin ist das gerade an der Volksbühne und, mit fast 18 Jahren, am Berliner Ensemble der Fall. Aber auch wenn ein Großteil des Publikums bestimmte Teams schätzt und am liebsten behalten möchte – die Veränderungen kommen. Sie sind unvermeidbar.
Dann wendet sich Oberenders Blick weiter nach außen, indem er eine neue Politik der Institution Theater fordert – nicht ausschließlich durch neue Stücke, sondern durch ein Umdenken des Systems.
„Partizipation und Empowerment [sind] nicht nur eine Sache des Spielplans […], sondern eine des Spielbetriebes selber“: Mitarbeiter*innen vernetzen sich, gehen lautstark oder digital, vor allem aber öffentlich, gegen Ungerechtigkeiten vor – ob Gage oder Klage.
Die neuen Rechten
Theater reagieren auf demokratieverachtende Bewegungen: In neuen Stücken zeigt sich eine Gesellschaft im Umbruch – nervöse Systeme. Einige Theater gingen noch einen Schritt weiter und suchten unerschrocken den Dialog mit den Akteur*innen solcher Bewegungen. Erfolgreich? Nicht immer. Nötig? Sehr.
Nach kurzen neuneinhalb Minuten ist die Eröffnungsrede vorbei und die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, übernimmt das Podium. Sie spricht von der Theatralität der Politik und den kleinen Theatern in der Provinz, wo „Liebhaber mit Herzblut und persönlichem Einsatz“ bei der Sache seien. Schaut das Berliner Publikum da kritisch? – Nein, der Applaus klingt ehrlich und schon geht es los! Zeit: Gegenwart, Ort: Haus am See. Und die ganze echte Welt darin dreht sich. Nervös.
Die gesamte Rede von Festspiele-Intendant Thomas Oberender können Sie hier nachlesen.