Das Theatertreffen hat sich in diesem Jahr mit einem gewaltigen Begleitprogramm um die eigene Einrahmung bemüht. Unsere Autorin schaut zurück und fragt: Wo blieben bei alledem eigentlich die echten Begegnungen? Hier ein Vorschlag für’s nächste Jahr.
Das Theatertreffen rahmt sich sein. Es gibt die bemerkenswerte Zehnerauswahl, es gibt programmatische Konstanten wie den Stückemarkt für Nachwuchsdramatik. Daneben ist es vor allem das Rahmenprogramm, das den Festivalalltag formt und durchdringt. Kuratorische Setzungen streuen diskursive Würze ein. In diesem Jahr wurde das „Borderline“-Prinzip aus der ästhetischen Ecke abgeholt, einmal durch die Luft gewirbelt und auf die Diskussionskultur übertragen: Überlagerung! Simultaneität! Raumverdichtung! Von mehr kommt mehr. Potenziert wurde dieses Prinzip am mittleren Wochenende des Theatertreffens. Das überbordende Programm der neugegründeten Plattform „Shifting Perspectives“ stellte nicht nur den unbedarften Erstgänger, sondern auch ausgefuchste Festivalprofis vor logische und logistische Herausforderungen.
Bunt blinkt die Angebotsfülle im Programmheft. Verschiedene Formate tragen verschiedene Farben, ein Koordinatensystem von Orten und Zeiten steht für die komplexe Kartografie der vier Tage ein.
Fragen-Bombardement I: Wo, so wäre einzuwerfen, ergeben sich Synergien, die über temporäre Wissensballung hinausgehen? Wo ist Platz für Utopien und Dystopien, die sich der Konsenskultur entgegenstellen?
Fragen-Bombardement II: Und wo können Besucher den Akteuren der Plattform „Shifting Perspectives“ auf Augenhöhe begegnen? Wo entstehen Kontaktzonen und kommunikative Nischen, in denen Diskussionen weitergeführt und neu miteinander verknüpft werden?
Die Wünsche an den programmatischen Perspektivenwechsel waren hoch. Ein Forschungs- und Erlebnislabor sollte es sein, einen Rahmen für Austausch und Vernetzung bilden – und den Prozess mehr feiern als Ergebnisse. Vorschlag: Bitte im nächsten Jahr an der bereichernden Akkumulationsästhetik des Meta-Kunstwerks „Shifting Perspectives“ festhalten! Nur dann vielleicht ergänzt durch das Format eines „offenen Raumes“? Ganz simpel:
Als Ort eines offenen Austausches. Für Besucher und Akteure. Vom Podium, von der Tribüne. Jeder kann, keiner muss. Bekannte und Unbekannte. Diskussionsvertiefer. Weiterdenker. Für Alleinekommer und alle, die nicht nur mit ihrer Peer-Group diskutieren wollen. Die von Themen gepackt sind. Für fünf Minuten oder fünf Stunden. Ein Format für alle, die zwischendurch mal Zeit und Energie übrig haben. Weil niemand alles sehen kann, wenn die Programme simultan verlaufen.
Das Potenzial des Prozesshaften öffnet sich für den: offenen Raum. So… why not? Gönn dir, Theatertreffen!
Zu den weiteren Einträgen in unserem Theatertreffen A bis Z.