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Ach so, das Theatertreffen ist eine elitäre Veranstaltung. Oder: Ach so, das Theatertreffen ist keine elitäre Veranstaltung, manchmal aber wird dieser Begriff von außen, also von denen die da irgendwie nicht dabei sind – die müssen ja voller Neid und Missgunst sein – an diese nicht elitäre Veranstaltung – die ja die Elite, „wie immer man das nennt“, des deutschsprachigen Theaters bloß abbildet und nicht auch noch aus – herangetragen. Ach so: Wie jetzt?
Jury Mitglied Till Briegleb hat sich jedenfalls in einem Interview auf Deutschlandradio Kultur in Anbetracht der Tatsache, dass sich unter der Auswahl der zehn bedeutendsten Inszenierungen beinahe ausschließlich große Häuser befinden, wie folgt geäußert: „Es hat ja überhaupt keinen Sinn, in die Provinz zu gehen und Leuten die Hoffnung zu geben, sie könnten zum Theatertreffen eingeladen werden, wenn einfach die ganzen Voraussetzungen nicht da sind.“
Ob oder nicht die Jury wirklich nicht in die Provinz gegangen ist, ob oder nicht dieses Argument wirklich ein Zirkelschluss ist, das sei hintan gestellt und vielmehr gefragt: Was sind denn diese Voraussetzungen? Briegleb sprach nämlich weiter und sprach von einem Magnetismus, der aus mehr immer mehr machen würde. Weil die großen Häuser renommiert sind und Geld haben, gehen dort auch die hin, die renommiert sind und Geld wollen.
Voraussetzung für eine Einladung zum Theatertreffen ist also ein teures Bühnenbild, ein aufregender Name und die richtige Stadt. Das Theatertreffen ist also doch eine elitäre Veranstaltung, hat keinen Blick fürs wirklich Bemerkenswerte und reproduziert bloß schon Renommiertes.
Nix mit VORAUSSETZUNGSLOS
Ob oder nicht es so etwas wie „bemerkenswert“, im Sinne von faktisch, real vorhanden, ganz unbestreitbar auch ohne jeden Jury Entscheid – der doch immer was mit Menschen, also mit Lebensentwürfen, politischen Einstellungen und motivierten Herangehensweisen zu tun hat –, also eigentlich im Sinne von „objektiv toll“, ob es sowas gibt, das sei wiederum hintan gestellt, und dieses Mal mit aller möglichen Vehemenz.
Deswegen macht es auch keinen Sinn dem Jury Entscheid irgendwelche eigenen Erfahrungen – dort und dort, das war, das war, BEMERKENSWERT – entgegenzuhalten. Außer natürlich in der Absicht sich auf eine Debatte über „objektiv toll“ einzulassen. Was schon Sinn macht: den Satz vom Magnetismus nochmal anders lesen. Was ist denn das Verhältnis von Kunst, Geld und Renommee? Mehr Geld bedeutet weniger Zweitjobs, bedeutet mehr Zeit für die Kunst, bedeutet weniger Schnellschuss, bedeutet mehr Möglichkeit, bedeutet weniger Notsituation. Mehr Renommee bedeutet mehr Förderung, bedeutet mehr Geld, bedeutet weniger Zweitjobs, bedeutet …
Wenn es tatsächlich einen solchen Automatismus des Geldes und des Renommees gibt, und ich glaube, den gibt es, wenn also aus mehr meistens noch mehr wird und also hierarchische Verhältnisse permanent reproduziert werden, dann glaube ich, dass das Theatertreffen definitiv eine elitäre Veranstaltung ist. Trotzdem glaube ich außerdem, dass es andauernd und überall eine Aufgabe sein kann, der Reproduktion von strukturellen Ungerechtigkeiten entgegen zu arbeiten. In der Kunst, genau so wie in der Kritik und Kuratierung, genau so wie in der Politik.