Ziel: Alle 50 Spielstätten zu fotografieren, an denen das Theatertreffen die vergangenen 50 Jahre stattgefunden hat.
Bedingungen: Die Umsetzung darf nur zwei Tage dauern – es gibt keine Pausen! Jede Spielstätte darf nur einmal besucht und fotografiert werden – kein Wiederholung! Ich, Mai Vendelbo, muss das Foto machen – keine Interaktion mit fremden Leuten erlaubt!
Samstag, 4. Mai 2014 – Tag 2:
„Ich habe gerade hinter einen Baum gepinkelt. Ich befinde mich so weit weg vom Zentrum Berlins, dass ich mich das traue. Meine Reise durch die Landschaft der Theatertreffen der vergangenen fünfzig Jahre hat mich zum CCC-Film-Studio 4, Haselhorst, Spandau, geführt. Das ist die letzte Spielstätte auf meiner Liste, ich habe das letzte Mal auf den Auslöser gedrückt“.
Eigentlich wollte ich so meinen Blog-Bericht anfangen, um Neugier zu wecken. Leider ist die Realität ein bisschen berlinerischer, betongrau. Ich habe gerade das Klo bei Kickerworld benutzt. Diese Anlage mit mehreren großen Indoor-Soccer-Hallen liegt 100 Meter vom CCC Studio entfernt, und ich habe mich gewundert, ob das Wort „Haselhorst“ etwas mit „David Hasselhoff“ zu tun hat? Die Typen im Trainingsanzug, die bei Kickerworld herumliefen, erinnerten mich an ihn. Außerdem sind gerade zwei riesige schwarze BMWs zwischen den leeren Gebäuden des Studios aufgetaucht. Ich bin also nicht allein hier, in der Kleinen Eiswerderstr. 14.
Da kann ich mich doch ruhig auf das Gras vor dem Studio setzen und mich kurz ausruhen. Ich bin am Ziel. Ich bin am Ende. Versteht mich nicht falsch. Es hat mir Spaß gemacht, die Theaterlandschaft des Theatertreffens zu entdecken und die Aufgabe zu erfüllen. ABER: Nie wieder! In jedem Fall nicht mit so einer knappen Deadline. Es gab in diesen zwei Tagen viele Momente, an denen ich verstanden habe, warum alle Radsportprofis Drogen nehmen. Es hat mich sehr viel mehr physische als mentale Energie gekostet. Ich bitte nur um Verständnis, nicht um Mitleid.
Fotografisch hat mir die Aufgabe auch Probleme bereitet. Ich bin eher diese verrückte, experimentelle Fotografin. Statische Gebäude sind schwer poetisch und performativ zu behandeln und zu transformieren. Es ist möglich, aber es dauert. Ich bin eine große Entschuldigung, ich weiß. So sind viele Künstler.
In den Fotos sieht man eine leise Spur von meiner Abstraktheit. Ich habe mir erlaubt, die Fotos verschiedentlich zu bearbeiten, auch weil ich weiß, dass der Blick auf die vergangenen 50 Jahre sehr unterschiedlich sein kann. Es geht um Mannigfaltigkeit.
„Das stimmt nicht! In Jahre XX fand die Vorstellung nicht in XX statt. Das war 500 Meter von diesem Gebäude entfernt! Das Foto ist nicht die Wahrheit!“ Ich stelle mir vor, dass so viele ältere and klügere Leute auf meine Fotos reagieren werden. Es tut mir leid, dass ich nicht nur blond und Bloggerin bin, aber dass ich mich auch nicht so mit der Theaterlandschaft auskenne, wie sie vor 20 Jahren oder mehr war. Sie alle können mir sehr gern schreiben und mich beleidigen.
Wahr ist, dass ich versucht habe, alle 50 Spielstätten im zwei Tagen zu besuchen. Ich bin ein bisschen stolz. Obwohl ich Dänin bin und mir deshalb nicht erlaubt ist, auf mich selber stolz zu sein. Ich habe es geschafft! Und ich proste mir mit meinem mitgebrachtem Wasser zu und besuche noch ein Mal Kickerworld, bevor ich nach Hause/Berlin fahren.
Montag, 6. Mai 2013 – 2 Fotos fehlen!
Nein! Mai, du … zwei Fotos fehlen! Was mache ich jetzt? Bevor ich ganz verzweifle, rufe ich hier einen kleinen Wettbewerb aus, um das Problem zu lösen. Ich bitte euch zu raten, welche Spielstätten fehlen. Ich werde sie morgen, am Mittwoch, veröffentlichen, weil ich leider heute keine Zeit habe. Ich muss die polierte Prenzlauer Klientel in einer Bar bedienen. Ja, so ist es. Eine Künstlerin muss auch ihre Miete bezahlen und kann nicht nur hinter fiktive Bäume pinkeln.
Anm. d. R.: Vielen Dank an Gerhild Heyer (Protokoll Berliner Festspiele), die mit historischer Adress-Kenntnis zur Seite stand und an Michael Grimm (Leitung Kartenbüro Berliner Festspiele), der zu Hause ALLE Programmhefte des Theatertreffens archiviert hat und uns sagen konnte, wo das Media Centrum sich befand: Kottbusser Damm 76, Hinterhof, 1. Stock.
Wer Lust auf eine Zeitreise zu 50 Jahren Theatertreffen hat, der begebe sich auf die zweistündige TT-Jubliäums-Videobustour durch Berlin, am 11., 12., 15., 18. und 19. Mai, die Fahrt, mit der Hostess Sandra Hüller.
Und gefeiert wird am 11. Mai ab 19.30 (Karten hier) mit einem Videoschnipselvortrag von Jürgen Kuttner, dem „Theatre Composers‘ Orchestra“ und ab 23 Uhr mit Lars Eidingers „Autistic Disco“ (Eintritt frei).