Wie der Borkman gestern war? „Sagen Sie jetzt nichts!“ habe ich die Zuschauer aufgefordert und sie vor, während und nach der Vorstellung um ein wortloses Statement vor der Kamera gebeten.
Was derweil drinnen geschah:
„Wir müssen bis 10 000 zählen. Wir müssen das in 12 Stunden schaffen, aber ihr brecht immer ab!“ Vegard Vinge zählt und zählt und zählt… Nach sechs Stunden im Zeichen der Zahl ist unser Handyakku leer, der Großteil des Publikums nach Rebellionsversuchen wütend abgedampft. „Kommt, wir müssen jetzt alle gehen, sonst bringt das nichts!“ Höchst strapaziös gestaltet sich der Zahlenmarathon von Vinge, der bisher noch nie länger als zwei Stunden andauerte. Danach greift selbst ein Zuschauer zur Axt, um sich Luft zu machen.
„Es gibt nur ein Stück und das dauert drei Jahre und wir haben nur 12 Stunden dafür.“ In den darauffolgenden sechs Stunden bekommt das Publikum noch alles zu sehen, was diese Mammut-Inszenierung verspricht: Vinge pisst sich in den Mund, Vinge richtet mit einem Papp-Maschinengewehr und Unmengen an Kunstblut ein Massaker an, der Chor der Toten erklimmt den Zuschauerraum…
„Das Gesetz kennt keine Ausnahme“, steht groß über der Rückwand des klaustrophobischen Geisterhauses geschrieben und ohne Ausnahme werden die Ibsen-Figuren und alle Anwesenden in den Sog dieser totalen Zerstörung gezogen.
Bis 5149 wird Vinge in den Morgenstunden kommen, fast alle Zuschauer auch. Die sind nach ein paar Stunden wieder da, halten durch bis halb fünf am Morgen und scheinen, dem Applaus und den Begeisterungsrufen nach, wieder gnädig gestimmt.