Noch wirklicher!

Unser Live-Blog vom Publikumsgespräch zu „Testament“. Mieke und Manfred Matzke, Sebastian und Joachim Bark, Fanni und Peter Halmburger, Lisa Lucassen, Barbara Burkhardt (Moderatorin), und Christine Wahl (Theatertreffen-Jurorin) sitzen auf der Bühne und erwarten uns.

22:30 Barbara Burckhardt: Es gibt mehr Töchter und Väter in der Besetzung als es eigentlich Platz in der Inszenierung gibt. Wie funktioniert das in verschiedenen Vorstellungen?

Mieke Matzke: Ja! Wir haben insgesamt vier verschiedene Versionen. Manchmal muss irgendjemand mit den Kindern zu Hause bleiben oder reist und kann nicht mitspielen.

22:40 Burckhardt: Die Szene, wo ich immer an meisten mitgenommen bin, ist die langsame Steigerung der Pflege. Wie entstand die Szene?

Fanni Halmburger: Ich bin gelernte Krankenschwester und habe viele Menschen im Sterben begleitet. Die Väter sagten, „Ich will mir das nicht vorstellen!“ Ich fand das einen schwierigen und persönlichen Punkt und habe einfach einen langen Text darüber geschrieben, und wir haben da angefangen.

Sebastian Bark: Dann haben wir zufällig Dolly Parton gehört, über Herkunft und Heimat und Liebe für den Vater. Und dachte, dass dieses Lied sehr gut zu dieser Szene passt.

Fanni: Und ich musste meinem Vater, der kein Englisch kann, das beibringen.

22:45 Publikum: Kommen die Mütter in einem zweiten Teil auf die Bühne?

Mieke Matzke: Im Moment ist keine zweiter Teil mit den Müttern geplnnt.

Fanni: Es ist wichtig, aus diesem Frauending herauszukommen. Mit den Müttern und uns wären einfach zu viele Frauen auf der Bühne. Aber die Mütter haben eine ganz wichtig Rolle gespielt, im Hintergrund und als Gesprächpartner.

22:50 Publikum: Gab es persönliche Veränderungen und Beziehungsänderungen im Prozess?

Joachim Bark: Natürlich. Wenn man mit seiner Tochter oder seinem Sohn arbeitet, gibt es ganz viel Austausch. Viel wird diskutiert, was auch manchmal schwierig ist. Aber eigentlich, glaube ich, dass sich nicht so viel geändert hat.

Mieke: Wir haben nicht genug Zeit, das Stück zu bauen und gleichzeitig die Schwierigkeiten zu erklären. Es gab, zum Beispiel, die Frage, ob andere Geschwister mehr geliebt wurden. Aber wir haben nicht so viel darüber gesprochen. Das war keine Therapie.

Lisa Lucassen: Es hat nicht geholfen oder geschadet, und das sollte es auch nicht. Es ist Kunst. Die Familienprobleme, die es vorher gab, gibt es noch immer.

Joachim: Aber Verständnis und Respekt sind gewachsen.

23:00 Publikum: Waren die Väter aufgeragt, als sie auf die Bühne getreten sind?

Fanni: Wir machen immer Try-Outs, und die Väter waren sehr cool. Die sind eigentlich weniger aufgeregt als wir. Aber wegen der Theatertreffen-Einladung waren alle doch sehr aufgeregt!

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Matt Cornish, geboren 1983 in Los Angeles, hat einen Master of Fine Arts in Dramaturgie und Theaterkritik der Yale School of Drama. Derzeit macht er in Yale seinen Doctor of Fine Arts, dieses Jahr in Berlin im Rahmen eines Fulbright-Stipendiums. In seiner Dissertation untersucht er, wie deutsche Regisseure und Dramatiker seit 1989 die Geschichte der deutschen Teilung im Theater benutzt oder dargestellt haben. Er schreibt unter anderem für die Zeitschriften Theater, PAJ: A Journal of Performance and Art und TheatreForum.

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