„Kulturnation Deutschland – Exportschlager oder Auslaufmodell?“, so der Titel der Podiumsdiskussion, die „Achtung Transit“ am Sonntag endgültig abschloss. Diskutiert wurden nicht nur das deutsche Stadttheatermodell und seine Exportfähigkeit, sondern auch die mangelnde Flexibilität von Institutionen und immer wieder: UFOs.
Was haben UFOs in der Theaterlandschaft zu suchen? Frie Leysen, Programmdirektorin von Theater der Welt 2010, bezeichnet so ausländische Produktionen, die nach Deutschland importiert werden. Bei nachhaltiger Präsentation solcher UFOs würde das Publikum mit der Zeit offener für fremde Ästhetiken, so Leysens Grundthese.
Sie war eine der vier Diskutanden an diesem Nachmittag, an dem über Import/Export in der Kulturlandschaft gesprochen wurde. Außerdem dabei: Matthias von Hartz, der unter anderem für das Festival Impulse verantwortlich ist, Birgit Lengers, Dramaturgin des Jungen DT und Michael Schindhelm, internationaler Kulturberater von Gera bis Dubai. Aufgezeichnet wurde das Gespräch vom Inforadio des rbb, wo es nächsten Sonntag (23.05., 11.05 Uhr) noch einmal ganz nachgehört werden kann.
Künstlerische Notwendigkeit und exportierbare Software
Frie Leysen war in dieser Diskussion diejenige mit einem Anliegen: Immer wieder stritt sie dafür, dass die Institutionen und (Über)Organisationen, besonders der deutschen Kulturlandschaft, vergessen hätten, dass sie eigentlich für den Künstler da seien und nicht umgekehrt. Anstatt die Künstler zu zwingen, sich an die Gegebenheiten anzupassen, sollten die Organisationen mehr Flexibilität wagen: Geld, Raum und Zeit zur Verfügung stellen und damit auch Möglichkeiten des internationalen Arbeitens zu schaffen – abseits von „erzwungenen“ Kooperationen, die nicht aus künstlerischer Notwendigkeit entstehen.
Während Birigt Lengers irgendwann die Moderation übernahm und Frie Leysen eingehender zu ihren Theaterutopien befragte, beanspruchte Michael Schindhelm die meiste Redezeit. Aus seiner Erfahrung im Ausland wisse er: „Deutschland bzw. Europa kommen in ‚Benchmarkings‘ großer ausländischer Investoren nicht als Vergleichsmodell vor.“ Das liege daran, dass die Deutschen ihr „Kulturmodell“ nicht selbstbewusst genug nach Außen trügen. Wie eine „Software“ müsse man das eigene (Stadttheater-) System, das durchaus gut dafür geeignet sei, neue Projekte aufzuziehen, ins Ausland verkaufen.
Der Versuch eines Fazits
Damit deutete er einen Punkt an, der als eine Art Fazit der anderthalbstündigen Diskussion gelten kann: Alle Beteiligten waren sich einig, dass es in den nächsten Jahren wichtig ist, die Produktionszusammenhänge und -formen zu öffnen, egal auf welcher Ebene.
„Man braucht vor allem Zeit und Freiräume und dann freies Geld, das nicht institutionell gebunden ist“, meinte zum Beispiel Matthias von Hartz. Nur so könnten Sprach-, Kultur- und Ländergrenzen überwunden werden, nur so könnte ein nachhaltiger und kreativitätsfördernder Austausch der internationalen Theaterszene stattfinden. Oder, noch einmal Frie Leysen: Unsere Zukunft sei international und damit würden es auch unsere Biografien: „Es ist eigentlich noch ein Schimpfwort, aber ich finde das gar nicht. Wir sind alle Bastards.“