Ein Krisen-Dramolett

Finanzkrise, Weltwirtschaftskrise und Bankensterben – und was macht das Theater? Diese Frage haben die Moderatoren Susanne Burkhardt und Jürgen König ihren Gästen in der Diskussion „Theater in Zeiten der Krise“ gestellt. Für alle, die nicht dabei waren, hier eine kurze Raffung (aus dem Zusammenhang gerissen) als Dramolett.

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Auf der Bühne gegen die Krise ankämpfen? Matthias Lilienthal, Susanne Burkhardt, Armin Petras, Christine Dössel, Jürgen König und Volker Lösch diskutieren. Foto: Jason Kassab-Bachi

Szenerie: ein Podium, sechs Stühle, Publikum
Es herrscht eine intellektuelle Grundstimmung.
Personen:
Susanne Burkhardt, Moderatorin
Volker Lösch, Regisseur „Marat, was ist aus unserer Revolution geworden?“
Jürgen König, Moderator
Christine Dössel, Kritikerin „Süddeutsche Zeitung“
Armin Petras, Regisseur und Intendant „Maxim Gorki Theater“
Matthias Lilienthal, Intendant „Hebbel am Ufer“
Zuschauerin

Susanne Burkhardt (Moderatorin, in die Runde, provozierend): Theater ist ja eigentlich zu langsam, um zu reagieren. Die aktuellen Themen werden in den Feuilletons verhandelt!

Volker Lösch (Regisseur, keine Haare, entschuldigend): Man kommt mit den Themen, die man in einer bestimmten Stadt verhandeln möchte, nicht hinterher, weil es so einen langen Vorlauf braucht.

Jürgen König (Moderator, provozierend): Gibt es bei Ihnen, Herr Lösch, nicht auch ein bürgerliches Publikum, dem es wohlig vor dem Hartz-IV-Chor schauert und das dann froh ist, wenn es wieder aus dem Theater raus ist?

Volker Lösch (nüchtern): Und wenn sich die Leute wohlig zurücklehnen wollen, dann können sie das doch tun. In Stuttgart gibt es so Abonnementsverabredungen, da schlafen die Leute einfach ein.

Christine Dössel (Kritikerin, blond und halblange Haare, überzeugt): Man wird durch den Hartz-IV-Chor mit Stimmen konfrontiert, mit denen man im bürgerlichen Theater normalerweise nicht zu tun hat!

Armin Petras (Intendant, Wollmütze, stolz): Unser Hausautor schreibt uns Stücke zu aktuellen Themen!

Matthias Lilienthal (Intendant, Wuschelhaare, desillusioniert): Was haben wir denn zur Verfügung? Wir können an einem Abend 200 Leute langweilen oder vergnügen, aber wir verändern sie doch nicht!

Volker Lösch (zu Lilienthal, zuversichtlich): Ich glaube an die Zuschauer! (rechnet) Wenn 20 mal 600 Leute ins Theater gehen, macht das 12.000, die den Abend nicht vorm Fernseher verbracht haben!

(Lösch lehnt sich zufrieden zurück.)

Christine Dössel (holt Luft, skeptisch): Ich habe meine Schwierigkeit mit dem Wort Wirkung. Ich glaube, dass es momentan eine Sehnsucht nach Authentischem gibt. Weil unsere Welt mit Facebook und virtuellen Profilen so unauthentisch geworden ist.  Aber im Theater bekommt man das Authentische geboten!

Armin Petras (stolz, in die Runde): In der nächsten Spielzeit haben wir am Gorki das Motto „sozial“!

Volker Lösch (argumentierend): Ein großer Vorteil vom Theater im Vergleich zu anderen Medien ist, dass der Zuschauer auch am Theater teilhat. Ich finde deswegen Publikumsdiskussionen sehr wichtig. (stolz) In Dresden sind einmal alle Zuschauer zur Diskussion geblieben!

Armin Petras (spöttisch): Bloß weil plötzlich das „Kapital“ ausverkauft ist und überall Krise dran steht, heißt es noch lange nicht, dass das Theater die passenden Rezepte hat. (hart) Das kann Theater sicher nicht!

(Alle schweigen.)

Jürgen König (Moderator, aufmunternd): Wir eröffnen jetzt das Plenum!

(Kurzes Schweigen, dann:)

Zuschauerin (meldet sich, entsetzt): Gerade Sie als Theaterleute sollten doch mehr Enthusiasmus verbreiten! (leidenschaftlich) Ich denke schon, dass Theater da viel bewegen kann!

(Alle denken an politisches Theater. Und Brecht. Aber nur kurz.)

Ende.

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Anna Postels

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