80! (Veranstaltungen) 35! (davon kostenlos) 550! (Künstler) 5 von 10! (Produktionen mit englischen Übertiteln) – mit so viel Superlativ läuft sich die Jubiläumsausgabe des Theatertreffens schon vor ihrem offiziellen Beginn warm. Oder heiß? Zum gewohnt roten Quadrat trägt das diesjährige Theatertreffen türkis, steht ihm gut.
Endlich ist der Frühling nach Berlin gekommen und zusammen mit dem Sägen und Klopfen im Festspielhausgarten ergibt das eine Aufbruchsstimmung, die einen schon beinahe ungeduldig mit dem Löffel gegen die Kaffeetasse klimpern lässt.
Was passiert in der Zeit zwischen 3. und 20. Mai? Im Mittelpunkt stehen die zehn Inszenierungen, die eine Jury als die bemerkenswertesten des vergangenen Jahres prämierte. Darunter klassische Stoffe wie „Medea“ mit der wunderbaren Constanze Becker in der Hauptrolle, zwei Romanadaptionen („Jeder stirbt für sich allein“ und „Krieg und Frieden“, letzteres in einer ungewöhnlichen Bearbeitung: Anders als unlängst sein Kollege Matthias Hartmann in Wien, löst sich der Regisseur Sebastian Hartmann im Laufe des Stücks mehr und mehr von der Vorlage, gibt Figurenzuschreibungen und lineare Handlung auf, um schließlich in der Gegenwart zu landen), ein Stück ohne Worte, im wahrsten Sinn des Wortes („Murmel Murmel“, lustig lustig!), eines mit Schauspielern mit dem Down-Syndrom („Disabled Theater“), das bereits im Vorfeld in der Theatertreffen-Jury für Kontroversen sorgte, weshalb es eine begleitende Diskussion geben wird („Behinderte auf der Bühne – Künstler oder Exponate?“). Außerdem: „Die Straße. Die Stadt. Der Überfall“, „Reise durch die Nacht“, „Orpheus steigt herab“, „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“, „Die Ratten“.
In der Mitte des Theatertreffens wird Bergfest gefeiert: Mit einer Bustour zu den Stationen der letzten 50 Jahre („Fahrt & Fest“) und einer Diskussion mit Sandra Hüller und weiteren Überraschungsgästen, die über ihre großen Theatertreffenmomente plaudern. Auch schön: Später tanzen und dabei Lars Eidinger am Plattenteller beobachten.
Und! Und! Und! Der Stückemarkt feiert 35. Geburtstag und beschenkt sich selbst mit frischem Stoff von 30 ehemaligen Preisträgern (Elfriede Jelinek! Oliver Kluck! Herbert Achternbusch!), der an drei Tagen in 12-stündigen Marathons (in Worten: Zwölf!) zur Aufführung kommt. Schon den Ort dieser szenischen Lesungen, Hörspiele und des szenischen Archivs, die Pan Am Lounge unweit des Bahnhofs Zoo, stelle ich mir mit seiner Dachterrasse und der Wahnsinnsaussicht angemessen spektakulär vor.
Am Ende der Pressekonferenz werfe ich einen unglaublichen Blick auf das Programm in meinen Händen und frage mich, welches doppelte Lottchen mich da jeweils vertreten soll, denn überall dabei sein, das scheint ausgeschlossen.
Doch bitte keine Hektik, bevor das Festival überhaupt beginnt! Lieber stellen wir uns die Menschen in luftiger Sommerkleidung vor, die ab kommenden Freitag unter den Kirsch- und anderen Bäumen im Festspielhausgarten sitzen, Ausschau halten nach bekannten Gesichtern und anstoßen auf 50 weitere Jahre großes Theater (mindestens!). Bestimmt hängen dann Lichter in den Bäumen und von drinnen leuchtet es türkis.
Noch sieben Mal schlafen, noch einmal überschlagen… 18.661! (Karten)
Vorhang auf.